Wie wir Sprachlosigkeit überwinden können
Männer leiden unter Einsamkeit
Das Männer mehr von Einsamkeit betroffen sind als Frauen, ist bekannt. Risikogruppen für Einsamkeit sind vor allem Menschen mit hohen Belastungen und wenig Unterstützung: pflegende Angehörige oder Alleinerziehende, Arbeitslose, Arme und sozial benachteiligte Menschen. Seit Corona gehören mehr junge Erwachsene, Jugendliche und Kinder dazu. Das jüngere Männer mehr davon betroffen sind als Männer mittleren Alters, war mir neu. Männer haben seltener Depressionen als Frauen, dafür ist bei ihnen die Suizidrate deutlich höher. Das Gefühl der Einsamkeit der Männer verstärkt sich z. B., wenn Männer aus dem Beruf ausscheiden oder sich aus ihrer alten Männerclique verabschieden, weil diese ihren Wertvorstellungen nicht mehr entspricht. Woran liegt das, habe ich mich gefragt.
Einsamkeit der Männer ist ein Tabuthema
Die Einsamkeit der Männer ist ein Tabuthema. Häufig ist es mit Scham besetzt. Männer sprechen nicht über ihre Einsamkeit und erst recht nicht über ihre Depression. Sie werden häufig stigmatisiert, wenn sie zugeben, dass sie sich einsam fühlen. Einsamkeit in der Gesellschaft mit anderen Männern zu verbergen, kostet jedoch viel Energie. Wer diese nicht mehr hat, isoliert sich. Die Einsamkeit verstärkt sich und ein Teufelskreis entsteht. Süchte, Depressionen und abnormes Verhalten, das sich oft seinen Weg in der Anonymität des Internets sucht, sind die Folgen.
Sprachlosigkeit führt zur Einsamkeit der Männer
Ich glaube, dass die Sprachlosigkeit der Männer der Grund für deren Einsamkeit ist. Männer sehnen sich nach dem besten Freund, mit dem sie alles besprechen können. Die wenigsten können von sich behaupten, einen solchen Freund zu haben. So bleibt am Schluss oft nur die Partnerin übrig, mit der Männer ihre Probleme besprechen oder eben auch nicht. Ob die Partnerin aber bei wirklichen Männerproblemen eine geeignete Ratgeberin ist, möchte ich bezweifeln.
Frauen sind da weit besser. Sie pflegen ihre persönlichen Netzwerke und festigen ihre persönlichen Beziehungen zu anderen Frauen. Die „beste Freundin“ ist oft eine Verbindung, die viele Jahre anhält und krisenfest ist.
Neue Verhaltensweisen führen aus der Einsamkeit
Was können Männer anders machen? Die kritische Betrachtung des eigenen Rollenverständnisses ist meiner Meinung nach der erste Schritt, den Männer gehen sollten. Dies sollte nicht erst passieren, wenn die Krise da ist. Dann fehlt häufig die für eine Veränderung notwendige Energie. Dabei gilt es, die Regeln und Muster, die man sich selbst auferlegt hat oder die einem von anderen auferlegt wurden, zu hinterfragen und abzulegen. Trauer zu zeigen, Hilflosigkeit zu artikulieren, um Unterstützung zu bitten, persönliches Leid nach außen zu tragen sind Verhaltensweisen, die den meisten Männern fremd sind. Dazu wird ein geschützter Raum gebraucht, der es erlaubt sich zu öffnen, ohne bewertet zu werden. Es braucht Vertrauen und die Empathie anderer Männer, die bereit sind zuzuhören, Mitgefühl zu zeigen und Verständnis aufbringen.
Ein Beispiel aus meiner Beratungspraxis
Ein Klient, nennen wir ihn Harald, zog ebenfalls in eine neue Stadt, um dort einen Neuanfang zu wagen. Harald hatte vorher in einer Großstadt gelebt und hatte in Koblenz Schwierigkeiten, sich an die neue Umgebung und die andere Lebensweise anzupassen. Gemeinsam haben wir Strategien entwickelt, wie er sich schneller einleben und ein soziales Netzwerk aufbauen konnte. Dazu gehörten unter anderem der Beitritt zu lokalen Vereinen und die Teilnahme an Veranstaltungen, die seinen Interessen entsprachen. Durch diese Maßnahmen wurde Harald offener und begann, mehr Kontakte zu knüpfen. Seine Offenheit führte dazu, dass er von anderen eingeladen wurde, was ihm half, sich besser zu integrieren und neue Freundschaften zu schließen. Sein Wohlbefinden verbesserte sich dadurch deutlich.
Einsamkeit der Männer ernst nehmen und handeln
Sind wir Männer zu einer solchen Verhaltensänderung in der Lage? Ich bin zuversichtlich. Das Männerbild wandelt sich gerade, so mein Eindruck. Wir sollten selbst aktiv werden, um diese Veränderung zu fördern. Es ist von größter Bedeutung, die Einsamkeit der Männer ernst zu nehmen und nicht als Bagatelle abzutun. Einsamkeit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein ernstzunehmendes Problem, das erhebliche Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben kann.
Ein erster Schritt, um der Einsamkeit entgegenzuwirken, ist, offen über die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen. Männer sollten ermutigt werden, sich Unterstützung zu suchen, sei es bei Freunden, in der Familie oder bei professionellen Beratern. Eine wichtige Rolle können auch Männergruppen spielen, in denen sich Männer gegenseitig unterstützen, austauschen und Verständnis füreinander zeigen. Solche Gruppen bieten einen geschützten Raum, in dem Männer über ihre Herausforderungen sprechen können, ohne Angst vor Stigmatisierung zu haben.
Wenn du das nächste Mal von einem anderen Mann gefragt wirst, wie es dir geht, überlege mal, ob es passend ist, eine ehrliche Antwort zu geben. Deine Offenheit könnte der erste Schritt sein, um eine tiefere Verbindung zu schaffen und die Einsamkeit zu überwinden. Sei mutig und ergreife die Initiative, denn die Überwindung der Einsamkeit beginnt oft mit einem einzigen ehrlichen Gespräch. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, die Sprachlosigkeit zu durchbrechen und ein unterstützendes Netzwerk für Männer zu schaffen, in dem sie sich verstanden und akzeptiert fühlen.
Falls du selbst unter Einsamkeit leidest und Unterstützung suchst, zögere nicht, Kontakt mit mir aufzunehmen. Gemeinsam können wir Wege finden, die Einsamkeit zu überwinden. Weitere Informationen zur Einsamkeitsstrategie der Bundesregierung findest du hier.